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Bei der
Bundestagswahl
im
Februar
erhielt die AfD
in
Tschernitz im
Landkreis
Spree-Neiße
61,9
Prozent
der Stimmen –
fast
doppelt so
viel wie im
gesamten
Land Brandenburg und dreimal so viel wie in ganz Deutschland. In dem Ort gibt es keine Flüchtlingsunterkünfte, aber die Glasmanufaktur Brandenburg GmbH
(GMB), Deutschlands letzten Solarglashersteller, der schon seit Ende 2023 Verluste machte und ums Übeleben kämpfen musste.
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Jobs hängen an dem Betrieb. Die Belegschaft wurde bereits Anfang des Jahres in Kurzarbeit geschickt.
Nun
scheint es endgültig vorbei zu sein. Bereits am Freitag meldete die GmbH Insolvenz an, wie Geschäftsführer Nico Succolowsky
dem
Sender RBB am Montag sagte. Der RBB zitierte ihn mit den Worten: »Die schwierige wirtschaftliche Lage in der europäischen
Solarindustrie hat bislang trotz intensiver Bemühungen und Investitionen des Unternehmens und des Mehrheitsgesellschafters eine
Restrukturierungslösung verhindert.«
Die
Zahlungsunfähigkeit war absehbar. Doch es hätte nicht so kommen müssen. Im März 2023 hatte der Bundestagsabgeordnete
Christian Görke (Linke) die Glasmanufaktur besucht, in der die einzige Glasschmelzwanne Europas steht. Görke konnte noch
besichtigen, wie überdimensionale Glasscheiben zugeschnitten werden. Die Beschäftigten erledigten einen Großauftrag, den der indische Mutterkonzern Borosil eigentlich für
den Subkontinent an Land gezogen, aber in die Lausitz abgegeben hatte. 17 Millionen Quadratmeter Spezialglas jährlich fertigte die GMB, von denen vier Millionen für
Gewächshäuser bestimmt waren und der große Rest für die Solarindustrie.
»Es ist sozial, ökonomisch und ökologisch verkehrt, als Staat bei der Rettung einer Zukunftsindustrie so zu versagen.«
Ein Quadratmeter hiesiges Solarglas koste 7 bis 7,50 Euro, rechnete Geschäftsführer Succolowsky seinerzeit vor. Die chinesische Konkurrenz produziere für
rund acht Euro, könne den Quadratmeter aber für etwa vier Euro ausliefern, weil sie hoch subventioniert sei. Unter solchen verzerrten Wettbewerbsbedingungen hätte das
Tschernitzer Werk nur überleben können, wenn Deutschland den Erwerb heimischer Solaranlagen mit einem Bonus angeregt hätte.
»Die meisten machen sich sehr, sehr große Sorgen«, schilderte Betriebsrat Lars Günther die Stimmung unter den
damals noch 320 Kollegen.
»Es ist fünf Minuten nach zwölf«, warnte Oppositionspolitiker Görke. Die heimische Solarindustrie stehe vor dem Aus – und das, obwohl Bundeswirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) immer von der Energiewende fasele. »Warum ein staatlicher Zuschuss in Frankreich, Österreich und Italien möglich ist, um die nationale Solarwirtschaft zu
unterstützen, bei uns aber nicht, bleibt das Geheimnis der Bundesregierung«, sagte Görke. Er wollte der Regierung »Feuer unterm Arsch machen«. Genutzt hat es nichts.
Der erhoffte Bonus blieb aus. Robert Habeck ist mittlerweile nicht mehr Wirtschaftsminister. Seine Grünen haben in Tschernitz bei der Bundestagswahl im Februar lediglich
1,7 Prozent der Stimmen bekommen. Die Koalition der Grünen mit der SPD (in Tschernitz 6,4 Prozent) und mit der FDP (2,9 Prozent) ist Geschichte. Die auf 1600 Grad
Celsius erhitzbare Schmelzwanne im Werk bleibt dennoch kalt.
Erneut Kritik an Bund und Land
Der Geschäftsführer übte in dem Zusammenhang noch einmal deutliche Kritik. Weder vom Bund noch vom Land habe das Unternehmen Unterstützung erhalten, so
Succolowsky.
Stattdessen habe das Unternehmen gemeinsam mit seinem Insolvenzverwalter selbst nach möglichen Investoren gesucht. Bereits im vergangenen Jahr hatte GMB
deutliche Kritik an der Bundesregierung und am damals verabschiedeten "Solarpaket" geäußert. Auch der Landrat von Spree-Neiße, Harald Altekrüger (CDU), hatte im
Januar in einem Brandbrief die Rettung der regionalen Glasindustrie gefordert.
Altekrüger sagte dem rbb am Donne rstag auf Nachfrage, dass er dem Unternehmen "alle Daumen" drücke. "Im Moment sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Kurzarbeit und da würde ich mich natürlich riesig freuen, wenn die wieder volle Schichten dort arbeiten können", so Altekrüger. Auch der Landrat appellierte in dem
Zusammenhang an den Bund, dass sich Deutschland nicht "von chinesischen Produkten überfluten" lassen dürfe.
Die Glasmanufaktur Brandenburg befindet sich seit rund zwei Monaten in einem Insolvenzverfahren. Das Werk in Tschernitz ist europaweit das einzige, das Solarglas
für Photovoltaikanlagen herstellt. Grund für die Krise des Unternehmens ist laut Geschäftsführung die starke Konkurrenz aus Asien, die zu deutlich günstigeren
Preisen produzieren und verkaufen kann.
Solarglaswerk steht still